Atlantischer Hering – Fisch des Jahres 2021

Was hat der norddeutsche Fischkopf jetzt mit uns zu tun, werden Sie vielleicht sagen, wenn Sie hören, wer der Fisch des Jahres 2021 ist: der Atlantische Hering. Doch der Hering ist für uns ‚Süßwasser-Schniarlwascher‘ interessanter, als es auf den ersten Blick scheinen mag.

Der clupea harengus, wie er auf Lateinisch heißt, lebt im Nordatlantik und dort bis zu einer Tiefe von 360 Metern. Er wird bis zu 45 Zentimetern lang und einem Kilogramm schwer. Der Körper des Herings ist silbrig hell, nur der Rücken ist in ein dunkles Stahlblau bzw. Grün getaucht. Dunkel ist auch die tief gegabelte Schwanzflosse und die Rückenflosse. Die anderen Flossen sind weißlich. Verblüffend ist seine Ähnlichkeit mit der Mairenke, die allerdings deutlich kleiner ist. Mit seinen Kiemenreusen filtert der Hering Plankton, Krebstiere und Fischlarven aus dem Wasser. Die Weibchen laichen im Frühjahr im Flachwasser. Sie legen bis zu 50.000 Eier, woraus etwa zwei Wochen später die Larven schlüpfen.

Der Atlantische Hering lebt in Schwärmen, deshalb ist er auch eine zentrale Nahrungsquelle für Dorsche, Thunfische, Makrelen, Robben, Wale oder auch Möwen. Als wichtiger Futterfisch trägt er so zum Erhalt des Ökosystems im Salzwasser – und indirekt auch im Süßwasser – bei. Die erhöhte Wassertemperatur infolge des Klimawandels vor allem in der Ostsee gefährden die Bestände dort und damit auch die Bestände der Fische und Vögel, die sich vom Hering ernähren.

Der Fisch des Jahres ist aber diesmal dennoch keine bedrohte Fischart wie die Nase oder der Huchen – ganz im Gegenteil: Der Atlantische Hering ist einer der häufigsten Fische überhaupt auf der Welt. Doch auch das war nicht immer so. Den Hering fängt man seit Menschengedenken und in den Zeiten der Hanse war er ein wichtiges Handelsgut. Ab etwa 1200 wurde er deswegen auch so stark befischt, dass er ab 1500 fast vollständig aus der Ostsee verschwunden war. Das war mit ein Grund für den Abstieg der Hanse und den Aufstieg niederländischer Staaten, die den Hering in der Nordsee noch fangen konnten. Später erholten sich die Bestände wieder. Lange Zeit war der Hering sogar so billig, dass er als Arme-Leute-Essen verstanden wurde. Aber Überfischung und Umweltverschmutzung machten ihm im 20. Jahrhundert wieder zu schaffen – das führte unter anderem zu den sogenannten Kabeljaukriegen. Island und einige EU-Staaten stritten zwischen 1958-1975 heftig um ihren Einfluss im Nordatlantik. Internationale Verträge trugen aber zu einer Entspannung der Lage und einer Sicherung der Bestände des Herings bei, ganz im Gegensatz zu denen des Kabeljaus übrigens.

Sie sehen, der Hering ist schon seit Jahrhunderten ein beliebter Speisefisch. Er hat gute Nährwerte, enthält Selen und Jod und wird etwa zu Matjesfilet verarbeitet. Wenn Sie also auf dem Oktoberfest nächstes Jahr eine Fischsemmel essen, dann kann es gut sein, dass Sie gerade den Fisch des Jahres 2021 verspeisen.