Stichwort Weidgerechtigkeit

Zu diesem Thema haben wir bereits in den Vereinsmitteilungen des Jahres 2016 einige Ausführungen gemacht. Es geht bei der Weidgerechtigkeit u.a. um den richtigen Umgang mit dem Fisch, einem uns nach dem Fang hilflos ausgelieferten Wesen. Die Ethik des Fischens verlangt dabei von uns, dass wir den Fisch vor vermeidbarem Leiden bewahren – mit den Worten des Tierschutzgesetzes ausgedrückt, dass wir dem Fisch kein Leid ohne vernünftigen Grund zufügen. Gerade das Töten eines Fisches will gelernt sein, um diesen Anforderungen und Maßstäben gerecht zu werden. Deswegen hier die „Dos and Don´ts“, Tipps und Anregungen für das richtige Versorgen unserer Beute.

Wenn wir den gefangenen Fisch als Lebensmittel mit nach Hause nehmen wollen, dann müssen wir ihn schlachten. Bereits dieses Wort ruft bei vielen ein gewisses Unbehagen hervor, viel lieber würden wir nur beiläufig von „abschlagen“ oder ähnlichen verniedlichenden Beschreibungen reden. Aber das Tierschutzgesetz verpflichtet uns, den Fisch zu schlachten. Und „Schlachten“ heißt: töten durch Blutentzug. Aber wichtig: vor dem Schlachten muss der Fisch betäubt werden, damit er kein unnötiges Leid erfährt. Und hier müssen wir ins Detail gehen, weil Neulingen in der Fischerzunft einfach oft die Erfahrung fehlt und weil auch „Alte Hasen“ stets Gefahr laufen, aus einer gewissen Schlampigkeit heraus Fehler zu machen.

Es beginnt schon mit der Ausrüstung: neben dem Maßband muss ich auch immer einen geeigneten Priest (so nennt man den Totschläger für Fische) und ein scharfes Messer bei mir haben. Wer erst nach einem Stein sucht, wenn er einen Fisch betäuben muss, hat schon was falsch gemacht! Wenn also die Entscheidung feststeht, dass der gefangene Fisch der Küche zugeführt werden soll, dann gilt es rasch zu handeln. Der Fisch wird durch einen oder mehrere kräftige Schläge auf den Kopf betäubt. Ob der Fisch erfolgreich betäubt wurde, erkennt man am Fehlen des „Augendreh-Reflexes“. Ein Fisch, der bei Bewusstsein ist, dreht immer die Augen nach unten, wenn man ihn hochhebt. Man kann deutlich sehen, dass der Fisch nach unten schaut. Ist der Fisch betäubt, dann drehen sich die Augen nicht nach unten. Viele Fischer gehen dann leider aber auch irrtümlich davon aus, dass der Fisch schon tot sei. Das kann man jedoch als Laie nicht mit Sicherheit feststellen. Wer dann die Beute einfach wegpackt, nimmt billigend in Kauf, dass der Fisch aus seiner Betäubung erwacht und qualvoll erstickt, weil der Schlachtvorgang nicht zu Ende gebracht wurde. Ein klarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz!

Also weiter mit der Schlachtung: ist der Fisch betäubt, folgt unmittelbar danach der Blutentzug. Der einfachste und sicherste Weg zum Blutentzug ist der „Kiemenrundschnitt“. Stellen wir uns also vor, der betäubte Fisch liegt vor uns auf dem Boden. Der Schwanz liegt links, das Maul weist nach rechts. Dann heben wir den Kiemendeckel (stellen wir uns dabei einfach vor, wir würden eine Taschenuhr aufklappen) und stechen mit einem spitzen und scharfen Messer links hinter dem Kiemenbogen (auf dem Zifferblatt der Taschenuhr bei der Ziffer 9) in den Fisch hinein und führen die Klinge im Bogen nach unten (bis zu Ziffer 6). Wenn jetzt dunkelrotes Blut stoßweise aus der Wund hervortritt, haben wir alles richtig gemacht. Jetzt ist Zeit dafür, den Haken aus dem Maul des Fisches zu lösen und den Fang in die Fangliste einzutragen. Wer gleich damit beginnen würde, den Fisch auszunehmen, würde möglicherweise dem noch lebenden Fisch den Bauch aufschneiden, denn bei einer guten Isarforelle braucht es etwa 2-3 Minuten Zeit, bis der Tod durch Ausbluten eingetreten ist.

So, nun ist der Fisch weidgerecht geschlachtet, wie geht´s dann weiter? Der eben geschilderte Vorgang führt in der Regel zu einer gut sichtbaren Blutlache. Im hohen Gras eines erdigen Ufers ist das meist kein Problem, aber auf den weißen Kieselsteinen einer sommerlichen Kiesbank an der Isar ist das kein schöner Anblick. Der rücksichtsvolle Fischer wird daher mit seinen Stiefeln etwas Wasser über die Stelle leiten oder die Steine umdrehen, um anderen Erholungssuchenden den unschönen Anblick zu ersparen.

Oft wird der frisch getötete Fisch dann auch gleich am Wasser ausgenommen. Einiges spricht dafür, einiges aber auch dagegen. Dafür spricht in erster Linie die eigene Bequemlichkeit. Erledigt man das Ausnehmen bereits am Wasser, dann kann man den Fisch zuhause gleich in die Küche oder den Kühlschrank geben und muss sich nicht noch einmal die Finger schmutzig machen. Aber steht das wirklich dafür? Denn wohin mit den Eingeweiden? Ins Wasser werfen ist nach dem bayerischen Fischereigesetz verboten. Neben fischgesundheitlichen Gründen ist auch hier die Außenwirkung einer solchen Handlung zu beachten: stellen Sie sich vor, Sie stehen als Fischer mit der Wathose bis zum Bauch im Wasser und plötzlich treibt eine Schwimmblase mit unten dranhängendem Gekröse an Ihnen vorbei. Schon etwas ekelig, oder? Bleibt also nur, die Eingeweide am Ufer zu vergraben oder sie in einem öffentlichen Abfalleimer zu entsorgen. Gerade letzteres ist aber auch wenig hygienisch, zumal im Sommer, wenn die Sonne auf die Abfälle brennt. Also, Eingeweide mit nach Hause nehmen. Gut, dann kann man das Ausnehmen doch gleich zuhause erledigen. Das hat auch noch den Vorteil, dass das Fischfleisch nicht mit im Flusswasser vorkommenden Bakterien in Kontakt kommt. Tatsache ist doch leider, dass unser Flusswasser nicht so sauber ist, wie unser Leitungswasser. Fachleute sprechen auch davon, dass ein „runder“, also noch nicht ausgenommener Fisch steril ist. Wenn man ihn ordentlich kühl transportiert, dann ist es für die Fleischqualität eindeutig besser, den Fisch erst zuhause auszunehmen. Zumindest in München kann man die Fischeingeweide (z.B. ordentlich in Zeitungspapier verpackt) auch in die Bio-Tonne geben. Oder man friert sie ein und gibt sie erst kurz vor der Tonnenleerung hinein.

Und wie transportieren wir unseren Fang nach Hause? Auch hier gibt es Dos and Don´ts. Idealerweise hat man eine Kühltasche im Auto. Bis zum Auto transportiert man den Fisch sehr kühl und luftig in einem Weidenkorb. Die bei vielen beliebte Plastiktüte ist in Verbindung mit sommerlicher Wärme nicht zu empfehlen. Hier verdirbt das Fischfleisch noch viel schneller. Manch ein Fliegenfischer stopf sich die Plastiktüte mit dem Fang dann auch noch in die Fischerweste. Bei der vom Körper abgestrahlten Temperatur von mindestens 36 Grad ist der Fisch dann schon durch, wenn man zum Auto kommt. Aber auch die Plastiktüte (meist als Mülltüte zu erkennen) offen vor sich herzutragen, wird von vielen Fischerkollegen als unangemessen empfunden. Da ist es immer noch besser, den Fang offen an einem Weidenzweig oder einer Kordel in der Hand zu tragen. An einem schönen Tag an der Isar muss man sich allerdings bewusst sein, dass neugierige Fragen der Passanten dann nicht ausbleiben.

Klaus Betlejewski