Dort, wo sonst die Schaulustigen den Surfern auf der Eisbachwelle zuschauen, trafen sich bereits im Morgengrauen Isarfischer und Isarfischerinnen. Ihr Plan war es, die Bäche des Englischen Gartens heute abzufischen. Der frühen Stunde geschuldet und dem klammen Morgennebel entsprechend, blickten viele noch recht einsilbig drein. Bald hellten sich die Minen der Fischer aber auf, als sie die enttäuschten Gesichter der ersten Surfer sahen, die mit ihren Brettern unterm Arm feststellen mussten, dass ihr wichtigstes Hilfsmittel, nämlich die Eisbachwelle fehlte. Was des einen Freud, ist eben des anderen Leid.
Den ganzen Tag über klärten unsere Mitglieder neugierige Passanten (darunter eben auch Surfer:innen) auf: ja, die Stadt hat das Wasser abgedreht. Nein, nicht damit wir die Fische einfacher fangen können. Die Stadt hat eine Bachauskehr verfügt. Was ist eine Bachauskehr? Die Bachauskehr dient dazu, dass die Anrainer der Stadtbäche ihre Gebäude kontrollieren und fällige Unterhaltsmaßnahmen entlang der Bäche durchführen können. Und was geschieht mit den Fischen? Nein, die werden nicht verkauft oder gegessen, die werden in die große Isar umgesetzt. Usw. usw. Fragen gab es viele, an dieser Stelle allen Mitgliedern vielen Dank für ihre geduldige „Öffentlichkeitsarbeit“.
Auch das gehört zum positiven Image der Isarfischer, dass sie gar nicht mehr dem griesgrämigen Bild des eigenbrötlerischen Anglers entsprechen, sondern als Botschafter für eine gesunde Umwelt und mit einer positiven Einstellung zu Mensch und Natur auftreten.
Doch nun zu den Fakten: vier Gruppen fischten das System der Bäche im Englischen Garten zwischen dem Aumeister im Norden und dem Haus der Kunst im Süden elektrisch ab. Dazu waren über hundert Mitglieder auf den Beinen. Es hätten noch ein paar mehr sein können, aber es hat für die Aufstellung von vier Gruppen gereicht. Coronabedingt haben einige Helfer noch kurzfristig abgesagt, andere sind dafür dankenswerterweise eingesprungen. Das Bachsystem im Englischen Garten lässt sich in zwei Kategorien einteilen, den Schwabinger Bach und den Eisbach. Die Gruppen am Schwabinger Bach hatten mit dem relativ hohen Wasserstand zu kämpfen. Anders als in früheren Jahren führte der Schwabinger Bach absichtlich eine größere Restwassermenge. Der Schwabinger Bach versorgt nämlich die gesamten Isarauen bis nach Garching hin mit Wasser. Dort im Norden waren in der Vergangenheit wegen der Bachauskehr immer ganze Bachabschnitte trockengefallen. Um das zu verhindern, blieb diesmal mehr Wasser im Schwabinger Bach. Dadurch wurde aber auch das Elektrofischen schwieriger und anstrengender. Im Eisbach hingegen war der Wasserstand nahezu optimal, dafür waren so viele Fische zu bergen, dass die Arbeiten bis in den späten Nachmittag hinein dauerten.
Insgesamt wurden fast 3.000 Fische entnommen und in die Isar umgesetzt. Das waren mehr Fische als zuletzt im Oktober 2019. Bedenkt man dabei, dass der Verein die Bäche im Englischen Garten seit vielen Jahren nicht mehr besetzt, sondern der gesamte Ertrag aus natürlichem Aufkommen entsteht, dann kann sich das Ergebnis sehen lassen und man kann sagen: die Mühe hat sich gelohnt!
Klaus Betlejewski